Zusammenfassung
Ein Artikel in der „Neuen Presse“ beschäftigt sich mit der EU-Entscheidung zur Neuzulassung des Herbizids („Unkrautvernichtungsmittels“) Glyphosat. Dessen Risiken werden weder übertrieben noch verharmlost. Es gibt jedoch eine Diskrepanz zwischen der Überschrift „Wie giftig ist Glyphosat?“ und dem Inhalt des Textes: Anders als es die Überschrift vermuten lässt, wird die Debatte der Experten zum Krebsrisiko nur relativ knapp behandelt; die unterschiedlichen Herangehensweisen der verschiedenen Expertengruppen erklärt der Beitrag nicht verständlich. Umweltrisiken werden nur mit einem Satz erwähnt, ohne diesen Punkt weiter auszuführen.
Für die Beantwortung der Titelfrage wäre es hilfreich, wenn der Artikel die wissenschaftlichen Grundlagen erläutern, einordnen und bewerten würde. Das Thema hat so viele Dimensionen, dass es durchaus zulässig wäre, sich dabei beispielsweise auf die Gesundheitsdebatte zu beschränken. Diese sollte dann aber auch geführt werden – das leistet der Text indes nicht. Unterschiedliche Standpunkte werden genannt, es fehlen allerdings Informationen dazu, wie die verschiedenen Bewertungen zustande gekommen sind und was sie genau besagen.
Der größte Teil des Artikels ist Verfahrensfragen gewidmet: Man erfährt, wer wann und wie über die Neuzulassung entscheidet. Der auch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon wahrscheinliche Ausgang – Vertagung anstelle von Verlängerung oder Auslaufen der Zulassung – wird dabei nicht angesprochen.
Umweltjournalistische Kriterien
1. KEINE ÜBERTREIBUNG / VERHARMLOSUNG: Risiken und Chancen werden weder übertrieben dargestellt noch bagatellisiert.
2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.
3. EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ/ INTERESSENKONFLIKTE: Die Quellen für Tatsachenbehauptungen und Einschätzungen werden benannt, Abhängigkeiten und Interessenlagen deutlich gemacht und zentrale Aussagen durch mindestens zwei Quellen belegt.
4. PRO UND CONTRA: Die wesentlichen Standpunkte werden angemessen dargestellt.
5. PRESSEMITTEILUNG Der Beitrag geht in seinem Informationsgehalt und in der Darstellungsweise deutlich über eine Pressemitteilung/das Pressematerial hinaus
6. NEUHEIT Der Beitrag macht klar, ob es sich um ein neu aufgetretenes beziehungsweise neu entdecktes Umweltproblem, eine innovative Umwelttechnik oder einen neuartigen Vorschlag zur Lösung/ Regulierung o.ä. handelt, oder ob diese schon länger existieren.
7. Der Beitrag nennt - wo möglich - LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN.
8. Die RÄUMLICHE DIMENSION (lokal/ regional /global) wird dargestellt.
Es fehlen alle Hinweise darauf, welche Bedeutung Glyphosat für die Landwirtschaft weltweit hat. Es gibt lediglich einen Hinweis im Kasten, dass der Stoff inzwischen in großen Mengen in China hergestellt wird. Insgesamt werten wir nur „knapp erfüllt“.
9. Die ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit) wird dargestellt.
Zu den im Beitrag angesprochenen Risiken durch Glyphosat fehlen alle zeitlichen Informationen: Wie lange dauert es, bis Glyphosat abgebaut ist: im Boden, in Pflanzen, nach der Aufnahme mit Nahrungsmitteln? Was bedeutet das für ein mögliches Krebsrisiko und für die Umweltschäden?