Bewertet am 22. Oktober 2014
Veröffentlicht von: Deutschlandfunk

Der Deutschlandfunk berichtet in der Sendung „Umwelt und Verbraucher“ über die praktische Bedeutung blauer LED, deren Erfinder in diesem Jahr den Nobelpreis für Physik erhielten. Viele für Verbraucherinnen und Verbraucher interessante Punkte werden angesprochen. Doch die Möglichkeit, durch LED-Lampen im Haushalt Energie zu sparen, erscheint durch einen Faktenfehler stark übertrieben.

Zusammenfassung

Der Hörfunkbeitrag nimmt die Verleihung des Nobelpreises an die Erfinder der blauen LED zum Anlass, die Bedeutung dieser Technik für die Beleuchtung im Privathaushalt zu erläutern. Dabei werden im Rahmen einer Sendung zu Verbraucherthemen viele für den Alltag relevante Aspekte gut verständlich dargelegt – von der Frage, ob LED-Licht „zu kühl“ sei bis zu den Kosten. Vor und Nachteile der LED-Lampen werden benannt. Neben der Nutzung von Presseinformationen der Schwedischen Akademie der Wissenschaften kommt ein Energieberater zu Wort – ein guter Weg, das Physikthema auf die Verbraucherebene zu bringen.

Allerdings wäre es aufschlussreich gewesen, einige Aussagen des Experten genauer zu hinterfragen oder durch weitere Recherchen zu ergänzen. Viele Angaben im Hörfunkbeitrag bleiben so im Ungefähren oder sind sogar unkorrekt. Den Anteil der Beleuchtung am Energieverbrauch privater Haushalte stellt der Beitrag stark übertrieben dar, da hier Energie- und Stromverbrauch verwechselt werden. Damit erscheinen die möglichen Energieeinsparungen durch LED höher, als sie wirklich sind.

Die Bedeutung der LED auch für Entwicklungsländer macht der Beitrag deutlich. Dagegen wird die Tatsache, dass die Erfindung der blauen LED schon 22 Jahre zurück liegt, nicht erwähnt; auch sonst sind zeitliche Aspekte nur ungenügend berücksichtigt.

Title

Umweltjournalistische Kriterien

1. KEINE ÜBERTREIBUNG / VERHARMLOSUNG: Risiken und Chancen werden weder übertrieben dargestellt noch bagatellisiert.

Die Bedeutung des Energiesparens wird nicht übertrieben dargestellt. Allerdings vermittelt der Beitrag einen falschen Eindruck davon, was stromsparende Lampen dazu tatsächlich beitragen können. Die Bedeutung des Stromverbrauch für Beleuchtung am gesamten Energieverbrauch von Privathaushalten ist minimal, die Angabe im Beitrag mit 10 Prozent stark übertrieben – erst recht, wenn man die Mobilität noch hinzu nimmt (siehe dazu auch Allgemeinjournalistisches Kriterium 3, Faktentreue).

2. BELEGE/ EVIDENZ: Studien, Fakten und Zahlen werden so dargestellt, dass deren Aussagekraft deutlich wird.

Dass es sich bei den blauen LED um eine bedeutsame Entwicklung handelt, wird mit dem Bezug auf die Nobelpreisverleihung deutlich. Für die Aussagen zur Energieeinsparung gegenüber herkömmlichen Lampen wird zwar nicht auf Studien o.ä. verwiesen, sondern ein Experte der Verbraucherzentrale Brandenburg herangezogen. Da es sich aber um unstrittige, allgemein bekannte Fakten handelt, finden wir das in diesem Fall ausreichend.

Einige der genannten Zahlen werden gut erläutert – etwa die Anteile der Energie, die herkömmliche Glühbirnen, klassische Energiesparlampen und LED-Leuchten jeweils in Licht umsetzen. Zu anderen hätten wir uns genauere Erläuterungen gewünscht: Bei den Ausführungen zur Farbtemperatur fehlt die Angabe, dass 2700 Kelvin einer Glühbirne entspricht; beim RA-Wert, der die Qualität der Farbwiedergabe misst, hätte man zum Vergleich angeben können, dass ein Wert von 100 dem Sonnenlicht entspricht. Insgesamt werten wir „knapp erfüllt“.

3.EXPERTEN/ QUELLENTRANSPARENZ: Quellen werden benannt, Abhängigkeiten deutlich gemacht und zentrale Aussagen durch mindestens zwei Quellen belegt.

Als Quellen werden die Schwedische Akademie der Wissenschaften mit der Nobelpreisbegründung sowie ein Experte der Verbraucherzentrale Brandenburg genannt. Damit ist klar, wer die Aussagen über die LED-Technologie macht. Interessenkonflikte sind für uns nicht zu erkennen.

4.PRO UND CONTRA: Es werden die wesentlichen relevanten Standpunkte angemessen dargestellt.

Der Beitrag nennt Vor- und Nachteile von LED-Lampen im Vergleich zu anderen Energiesparlampen und den alten Glühlampen. Neben den Ausführungen des Experten werden durch die O-Töne von Laien außerdem die subjektiv empfundenen Vor- und Nachteile aus Verbrauchersicht angesprochen. Hier hätten wir es allerdings gut gefunden, diese mehr oder mehr oder weniger informieren Einschätzungen nochmals einzuordnen – hinsichtlich der Farbtemperatur  leistet der Beitrag das, zu den Kosten hätten wir uns eine genauere Recherche gewünscht (siehe dazu auch Kriterium Faktentreue).

5. PRESSEMITTEILUNG: Der Beitrag geht deutlich über die Pressemitteilung / das Pressematerial hinaus.

Zum Thema liegt eine Pressemitteilung der Schwedischen Akademie der Wissenschaften vor, aus der der Radiobeitrag einige Aspekte aufgreift. Er geht jedoch weit über diese Informationen hinaus, indem er vor allem die Relevanz für Verbraucherinnen und Verbraucher herausarbeitet. Der Beitrag lässt einen Energieberater ausführlich zu Wort kommen und bringt außerdem O-Töne von „Stimmen auf der Straße“.

6. ALT oder NEU: Der Beitrag macht klar, ob es sich um ein neu aufgetretenes Umweltproblem, eine innovative Umwelttechnik o.ä. handelt, oder ob diese schon länger existieren.

In der Pressemitteilung zum Nobelpreis wird darauf hingewiesen, dass es Jahrzehnte gedauert hat, das Problem der blauen Leuchtdioden zu lösen. In den 1990er Jahren ist dies den Preisträgern gelungen. Weitere 20 Jahre später hat sich das Leuchtmittel durchgesetzt. Im Radiobeitrag wird dagegen nicht klar, dass die blaue LED bereits 1992 entwickelt wurde. Auch die Aussage „Rote und grüne Leuchtdioden gab es schon länger“ hätten wir uns präziser gewünscht. Für wenig vorinformierte Hörerinnen und Hörer kann so der Eindruck entstehen, dass blaue LED, im Gegensatz zu roten und grünen, gerade erst erfunden wurden.

7. LÖSUNGSHORIZONTE und HANDLUNGSOPTIONEN / kein „Greenwashing“: Der Beitrag nennt Wege, um ein Umweltproblem zu lösen, soweit dies möglich und angebracht ist.

LED bieten eine Handlungsoption für eine energieeffiziente Beleuchtung. Ihre Möglichkeiten werden ausreichend beschrieben.

8. RÄUMLICHE DIMENSION (lokal / regional / global): Die räumlichen Dimensionen eines Umweltthemas werden dargestellt.

Es wird zum einen klar, dass die LED sich in der entwickelten Welt bereits durchsetzen; das wird u.a. in der Straßenumfrage deutlich. Zum anderen weist der Beitrag darauf hin, dass es weltweit 1,5 Milliarden Menschen gibt, die die kein elektrisches Licht haben. Und dass LED auch für Menschen, die keinen Stromanschluss haben, eine Lösung sein können, weil sie mit Solarenergie zu betreiben sind. Nützlich wäre hier noch ein Hinweis auf die nötigen Speicher gewesen.

9. ZEITLICHE DIMENSION (Nachhaltigkeit): Die zeitliche Reichweite eines Umweltproblems oder Phänomens wird dargestellt.

Die zeitliche Einordnung kommt in diesem Beitrag zu kurz. Weder wird klar, wann die blauen LED erfunden wurden (siehe Kriterium 6, Neuheit), noch seit wann sie auf dem Markt sind bzw. wie sich deren Marktanteil entwickelt.

Auch die Angabe zur Lebensdauer der LED-Lampen („hält auch meistens länger als eine Kompakt Leuchtstofflampe oder eine herkömmliche Halogenlampe“) bleibt vage Mit der Formulierung  „die Lichtquelle des 21. Jahrhunderts” wird zwar deutlich, dass hinter die LED niemand mehr wird zurück fallen wollen. Doch finden wir dies gar zu allgemein. Laut Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation wird für das Jahr 2020 ein LED-Anteil an der allgemeinen Beleuchtung von über 90 Prozent erwartet (Link nicht mehr verfügbar) – eine solche Information wäre hier interessant gewesen.

10. KONTEXT / KOSTEN: Es werden politische, soziale oder wirtschaftliche Aspekte eines Umweltthemas einbezogen.

Der Beitrag spricht einen kulturellen Aspekt von Licht an: In der Umfrage sagt eine Frau, das LED-Licht sei ihr zu kühl. Der Energieberater greift das Thema Lichtfarben dann ausführlich auf. Wir hätten es nützlich gefunden zu erwähnen, dass die LED sich nur langsam gegen die Glühbirne durchsetzt, weil es vielen Menschen schwer fällt, Gewohnheiten zu ändern.

Der Beitrag weist kurz auf den politischen Kontext – das Verbot der Glühbirnen in der EU – hin. Ansonsten bleibt die gesellschaftliche Debatte über das Ende der Glühbirne ausgeblendet.

Die Kosten für die Verbraucher werden angesprochen, (wenn auch ungenau, siehe Allgemeinjournalistisches Kriterium 3, Faktentreue). Hier wäre eine Nachfrage an den Experten interessant gewesen, ob die teureren Marken-LED-Lampen Vorteile gegenüber No-Name-Produkten bieten.

Wir werten „knapp erfüllt“.

Allgemeinjournalistische Kriterien

1. THEMENAUSWAHL: Das Thema ist aktuell, oder auch unabhängig von aktuellen Anlässen relevant oder originell.

Mit dem Nobelpreis für die Entwicklung der blauen Leuchtdioden gibt es einen aktuellen Anlass das Thema Licht und LED aufzugreifen.

Zudem ist das Thema durch das Verbot der klassischen Glühlampen in der EU und die Tatsache, dass jeder Bürger im Alltag damit konfrontiert ist, sehr relevant.

2. VERMITTLUNG: Komplexe Umweltzusammenhänge werden verständlich gemacht.

Der Radiobeitrag ist gut verständlich. Mit der Umfrage und dem Interview kommen zum gesprochenen Text zwei weitere Stilelemente hinzu.

3. FAKTENTREUE: Der Beitrag gibt die wesentlichen Daten und Fakten korrekt wieder.

Der Satz „Zehn Prozent der Energiekosten zuhause werden im Durchschnitt für Licht aufgewendet“ ist falsch. Es muss Stromkosten heißen. Der Anteil des Lichts am Energieverbrauch im Haushalt liegt bei nur rund zwei Prozent  (Link nicht mehr verfügbar), siehe auch Umweltjournalistisches Kriterium 1.

Bei den Preisen ist der Beitrag unseren Recherchen zufolge nicht aktuell: Auch Markenhersteller liefern LED schon unter 10 Euro.

Die Aussage, dass Halogenlampen zumeist eine bessere Farbtreue haben als LED, scheint uns ebenfalls etwas veraltet zu sein. Zumindest dieser Tabelle zufolge sind einige LED-Leuchten den Halogenlampen in dieser Hinsicht vergleichbar (Link nicht mehr verfügbar.

Auch die Aussagen des Energieberaters hätten genauer hinterfragt werde müssen. So die Aussage, dass LED vor allem dann gut seien, wenn das Licht zwei Stunden angeschaltet bleibe. Auch Leuchten, die häufig kurz eingeschaltet werden (z. B. Treppenhausbeleuchtung) sind für LED gut geeignet, weil diese die Schaltvorgänge deutlich besser verträgt als andere Leuchtmittel.

Umweltjournalistische Kriterien: 7 von 10 erfüllt

Allgemeinjournalistische Kriterien: 2 von 3 erfüllt

Wegen eines gravierenden Faktenfehlers und zweier nur knapp erfüllter umweltjournalistischer Kriterien werten wir um einen Stern ab.

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar