Bewertet am 2. August 2019
Veröffentlicht von: Spektrum.de

Im Artikel von Spektrum.de wird ein wichtiges Thema aufgegriffen: eine Studie, wie sich das Risiko einer Vorstufe von Demenz mindern lässt. Die untersuchte Bedeutung von Alltagsaktivitäten wie Handarbeit, Computernutzung und auch sozialen Aktivitäten wird im Beitrag deutlich. Obwohl in anderen Studien viele weitere Möglichkeiten der Risikoreduktion genannt werden, beschränkt sich der Beitrag nur auf jene, die in der vorliegenden Arbeit untersucht wurden.“ Die Faktendarstellung ist zwar teils unpräzise, doch insgesamt ist der Beitrag gelungen.

Zusammenfassung

Die mögliche Vorbeugung einer Vorstufe von Demenz, die in der zitierten Studie untersucht wurde, wird meistenteils gut verständlich und korrekt dargestellt. Besonders lobenswert ist es, dass auch die Einschränkungen der Studie genannt werden – etwa, dass nur statistische Korrelationen gefunden wurden, daraus jedoch keine kausalen Zusammenhänge herauszulesen sind. Der Beitrag hätte allerdings auch noch weitere Möglichkeiten (wie Sport) nennen können, mit denen ältere Menschen das Risiko für eine Demenz mindern können. Auch werden einige Fakten etwas schwammig dargestellt. In Anbetracht der Kürze bestätigt sich jedoch insgesamt der Eindruck, den wir bei der Auswahl des Beitrags hatten: ein gelungener Text, der viele wichtige Informationen enthält.

Title

Medizinjournalistische Kriterien

1. Der NUTZEN ist ausreichend und verständlich dargestellt.

Der Nutzen wird zumindest in relativen Zahlen angegeben, eine Risikoreduktion von „bis zu 50 Prozent“ bei regelmäßiger Computernutzung im mittleren und höheren Lebensalter. Zusätzlich wird erwähnt, dass im untersuchten Zeitraum „etwa ein Viertel der untersuchten Personen“ eine leichte kognitive Störung, die in Demenz und neurodegenerative Erkrankungen übergehen kann, entwickelte. Auch wird deutlich, dass das Risiko abnahm, je mehr verschiedene Aktivitäten verfolgt wurden und je häufiger das geschah. Allerdings wird im Text nicht konkret darauf eingegangen, wie oft die Befragten die jeweiligen Aktivitäten durchführten und zu welcher Risikoreduktion die Häufigkeit einer Aktivität führte. Dies wäre für die Leserinnen und Leser natürlich eine wichtige Information gewesen. Wie oft muss ich lesen, um einer Vorstufe von Demenz vorzubeugen? Wie oft muss ich sozial aktiv werden? Das bleibt unklar. Auch sind „bis zu“-Angaben generell als problematisch anzusehen. Daher nur knapp „ERFÜLLT“.

2. RISIKEN und Nebenwirkungen werden angemessen berücksichtigt.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Aktivitäten wie Computernutzung oder Handarbeit relevante Risiken bergen, daher müssen sie im Beitrag nicht thematisiert werden. Wir werten daher „ERFÜLLT“.

3. Die Qualität der Evidenz (STUDIEN) wird richtig eingeordnet.

Im Artikel wird sehr gut erklärt, dass aus den statistischen Korrelationen nicht zwangsläufig eindeutige Ursachen herauszulesen sind.  Doch wird nicht ausreichend deutlich, dass die Probanden nur zu Anfang der Studie zu ihren bisherigen Aktivitäten befragt wurden – und welche Unwägbarkeiten die einmalige Abfrage mit sich bringt. Dazu heißt es nur: „Zusätzlich sei möglich, dass die Angaben bei der Befragung nur bedingt zuverlässig sind, so das Team.“ Deshalb werten wir nur knapp „ERFÜLLT“.

4. Es werden weitere EXPERTEN/Quellen zitiert und es wird auf INTERESSENSKONFLIKTE hingewiesen.

Es werden außer den Studienautoren keine weiteren Experten genannt.

5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG hinaus.

Wir haben keine Pressemitteilung zur Studie gefunden.

6. Der Beitrag macht klar, wie NEU der Ansatz wirklich ist.

Im Beitrag wird deutlich, dass dieser und ähnliche Ansätze bereits seit geraumer Zeit verfolgt werden.

7. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.

Es kommt nicht zur Sprache, was jenseits der in der Studie verglichenen Maßnahmen noch vor einer Demenz schützen könnte, zum Beispiel sportliche Aktivitäten. Das ist schade, denn hierzu gibt es bereits viele wissenschaftliche Publikationen, wie zum Beispiel diese Studie: eurekalert.org/pub_releases

8. Es wird klar, ob oder wann ein(e) Therapie/Produkt/Test VERFÜGBAR ist.

Es wird aus dem Inhalt des Beitrags ausreichend deutlich, dass diese Maßnahmen überall verfügbar sind.

9. Der Beitrag geht (angemessen) auf die KOSTEN ein.

Die Kosten dieser alltäglichen Maßnahmen dürften den Leserinnen und Lesern ausreichend bekannt sein. Daher werten wir es als angemessen, dass auf Kosten nicht eingegangen wird.

10. Der Beitrag vermeidet Krankheitsübertreibungen/-erfindungen (DISEASE MONGERING).

Die leichte kognitive Störung wird nicht übertrieben dargestellt, allerdings wird sie leider auch nicht genau definiert.

Allgemeinjournalistische Kriterien

1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder ungewöhnlich.

Das Thema ist relevant und aktuell, angesichts der alternden Gesellschaft und dem Mangel an effizienten Therapien gegen Demenz.

2. Die journalistische Umsetzung des Themas ist gelungen? (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)

Im Beitrag wird gut erklärt, worum es geht und welche Aussagekraft die Studie hat. Fachbegriffe werden vermieden, und der Text ist logisch aufgebaut. Ein etwas längerer Beitrag hätte der Thematik allerdings gut getan, aber das hängt natürlich von den redaktionellen Vorgaben ab.

3. Die Fakten sind richtig dargestellt?

Die Zusammenhänge sind gut dargestellt, auch die Nennung der Prozentzahlen bei der Risikoreduktion ist hilfreich. Allerdings fällt die Darstellung hier etwas schwammig und unsauber aus. Es wird nicht vollends deutlich, welche Risikoreduktion bei einer Aktivität nur im hohen oder nur im mittleren Alter stattfindet, auch die Formulierung „bis zu 50 Prozent“ bei der Computernutzung lässt Fragen offen. Generell empfiehlt es sich zudem, auch relative Häufigkeiten oder zusätzlich zu den Prozentangaben noch absolute Zahlen zu nennen. Daher nur knapp „ERFÜLLT“.

Medizinjournalistische Kriterien: 7 von 9 erfüllt

Allgemeinjournalistische Kriterien: 3 von 3 erfüllt

Title

Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar