Zusammenfassung
Im Beitrag von Spiegel Online wird über Darmbakterien berichtet, die in Form neuer Probiotika übergewichtigen und adipösen Menschen mit einer Insulinresistenz dabei helfen könnten, an Gewicht zu verlieren und ihre Stoffwechselparameter zu verbessern. Der Text, der von den Gutachtern des Medien-Doktors als besonders positives Beispiel für eine Bewertung vorgeschlagen worden war, zeigte bei genauerer Betrachtung doch ein paar Schwächen. Zwar ist der Artikel gut und verständlich geschrieben, die Studienergebnisse werden sachlich vermittelt und überzogene Erwartungen gedämpft. Auch finden sich vor allem zu Beginn des Textes viele anschauliche Erklärungen zum Thema Mikrobiom, die Leserinnen und Lesern helfen werden, das Thema besser zu verstehen. Allerdings wird der Nutzen der Studie nur sehr allgemein dargestellt und ein zu großer Fokus auf die Gewichtsabnahme gelegt, die aber statistisch gar nicht signifikant war. Dies ist für die Leser irreführend. Die Veränderung der Stoffwechselparameter wie (eine reduzierte Insulinresistenz) werden dagegen kaum erwähnt, obwohl diese für übergewichtige und adipöse Menschen von großer Relevanz sind. Auch wird die Anzahl der Probanden nicht korrekt angegeben, und Interessenskonflikte der Studienautoren bleiben unerwähnt.
Medizinjournalistische Kriterien
1. Der NUTZEN ist ausreichend und verständlich dargestellt.
Der Beitrag beschreibt nur in sehr allgemeiner Form den postulierten Nutzen, dass sich die untersuchten Bakterien positiv auf bestimmte Parameter des Stoffwechsels und das Gewichts auswirken könnte: „Tatsächlich verbesserten sich mit dem Bakterium der Stoffwechsel und das Körpergewicht der Teilnehmer – ganz ohne zusätzliche Diät.“ Die einzige konkrete Angabe findet sich nur zum Gewicht: „Der Studie zufolge verloren einige Testpersonen etwas mehr als zwei Kilo ihres Körpergewichts, auch die Fettmasse war im Vergleich zum Ausgangswert um etwas mehr als ein Kilo zurückgegangen.“
Wenn man sich allerdings die Abbildung 4a des entsprechenden Fachartikels ansieht, wird deutlich, dass der Gewichtsverlust wohl hauptsächlich auf eine einzige Person in der Gruppe zurückzuführen ist, die sehr viel an Gewicht verloren hat.
Abbildung 4a
Dass der Gewichtsverlust unter den Teilnehmern insgesamt gar nicht signifikant war, bleibt im Text unerwähnt. Es wird auch nicht deutlich gemacht, dass (paradoxerweise) nur abgestorbene Bakterien überhaupt einen Effekt zeigten, stattdessen heißt es lediglich: „In erster Linie profitierten jene Patienten, denen abgestorbene Bakterien verabreicht worden waren.“
2. RISIKEN und Nebenwirkungen werden angemessen berücksichtigt.
3. Die Qualität der Evidenz (STUDIEN) wird richtig eingeordnet.
4. Es werden weitere EXPERTEN/Quellen zitiert und es wird auf INTERESSENSKONFLIKTE hingewiesen.
Es wird ein Experte zitiert, der die Ergebnisse für die Leserinnen und Leser einordnet. Deutlich wird, dass dieser Experte nicht an der Studie beteiligt war. Dennoch werten wir mit Blick auf mögliche Interessenkonflikte knapp „NICHT ERFÜLLT“, weil die Leserinnen und Leser nicht erfahren, dass die Studienautoren Patente auf das beschriebene Verfahren mit den Bakterien besitzen und sogar eine Firma dazu betreiben, die sich mit genau diesem Darmbakterium beschäftigt: www.a-mansia.com.