Eine Stammzelltherapie könnte nach den Ergebnissen einer kleinen Studie Menschen mit einer schweren Multiplen Sklerose möglicherweise helfen, berichtet die F.A.Z. Leserinnen und Leser bekommen die meisten notwendigen Informationen – insbesondere wird darauf hingewiesen, wie vorsichtig man diese Ergebnisse betrachten muss. Die Pressemitteilung des Fachmagazins informiert ingesamt ebenso gut.
Zusammenfassung
Die F.A.Z. berichtet über die Ergebnisse einer Studie im Fachmagazin The Lancet. Danach könnte eine Stammzelltherapie bei Menschen mit einem schweren Verlauf der Multiplen Sklerose erfolgreich sein.
Der mögliche Nutzen wird ausreichend konkret beschrieben, Risiken und Nebenwirkungen werden noch ausreichend angesprochen. Es wird deutlich, dass die Ergebnisse dieser und auch anderer Studien noch sehr vorläufig und nicht geeignet sind, die Therapie abschließend zu bewerten. Ein nicht an der Studie beteiligter Mediziner ordnet die Ergebnisse ein. Der Text geht über die Pressemitteilung des Fachmagazins hinaus. Es wird ausreichend deutlich, dass es sich um ein recht neues Verfahren handelt, und dass es auch nur eingesetzt wird, wenn andere Therapiemöglichkeiten nicht mehr weiterhelfen. Der Text erklärt auch, dass das Verfahren nur im Rahmen einer Studie verfügbar ist. Auf den Kostenaspekt geht der Text indes nicht ein. Multiple Sklerose wird in diesem, nicht mehr ganz aktuellen, aber insgesamt verständlichen Text, als Krankheit angemessen dargestellt.
Medizinjournalistische Kriterien
1. Der NUTZEN ist ausreichend und verständlich dargestellt.
2. RISIKEN und Nebenwirkungen werden angemessen berücksichtigt.
3. Die Qualität der Evidenz (STUDIEN) wird richtig eingeordnet.
4. Es werden weitere EXPERTEN/Quellen zitiert und es wird auf INTERESSENSKONFLIKTE hingewiesen.
5. Der Beitrag geht über die PRESSEMITTEILUNG hinaus.
6. Der Beitrag macht klar, wie NEU der Ansatz wirklich ist.
Es fehlt indes der Hinweis darauf, was bei dem hier beschriebenen Ansatz gegenüber früheren Studien neu ist: Es wurde erstmals das Immunsystem der Patienten vollständig zerstört. Daher werten wir nur knapp „erfüllt“.
7. Es werden ALTERNATIVE Behandlungsarten/Produkte/Tests vorgestellt.
8. Es wird klar, ob oder wann ein(e) Therapie/Produkt/Test VERFÜGBAR ist.
9. Der Beitrag geht (angemessen) auf die KOSTEN ein.
10. Der Beitrag vermeidet Krankheitsübertreibungen/-erfindungen (DISEASE MONGERING).
Allgemeinjournalistische Kriterien
1. Das THEMA ist aktuell, relevant oder ungewöhnlich.
2. Die journalistische Umsetzung des Themas ist gelungen? (VERSTÄNDLICHKEIT/VERMITTLUNG)
Gleich zu Anfang hätte man den Lesern den Fachausdruck „autologe(n) hämatopoetische(n) Stammzelltransplantation“ ersparen können. Etwas sperrig sind die Formulierungen „(…) nahmen die Studienärzte bei allen Probanden eine Stammzellmobilisation vor“ oder „Durch die Anwendung einer speziellen Selektionsprozedur“. Alles in allem handelt es sich aber um einen interessanten und verständlichen Text.