Bewertet am 14. September 2020
Veröffentlicht von: Web.de

Fatburner sind ein Synonym für schnelles und einfaches Abnehmen. Web.de verspricht einen erhellenden Überblick über die Abnehmprodukte. Doch der Artikel ist nur teilweise hilfreich, zumal er sich statt auf Ernährungsexperten und Studien auf viele andere Presseartikel verlässt, darunter „Bild“ oder „Für Sie“.

Zusammenfassung

Ein Ratgeber-Artikel im Magazinbereich auf der E-Mail-Plattform Web.de versucht in einem nach Fragen strukturierten Artikel Wissenswertes über die große Gruppe der Fatburner zu vermitteln. Auch wenn viele positive Effekte angesprochen werden, mangelt es doch an konkreten Zahlen und es bleibt unklar, ob es überhaupt nachgewiesene Effekte gibt oder nicht. Auch negative Effekte werden dargestellt, indes finden wir, dass diese bei frei verkäuflichen Produkten und unsicherem Nutzen besonders kritisch dargestellt werden müssen, was in diesem Artikel leider nicht ganz erreicht wurde. Wie gut Effekte durch gute Studien belegt sind, bleibt offen. Konkrete Kosten werden ebenfalls nicht benannt. Es werden keine Studien zitiert, sondern nur eine Reihe Presseartikel teils wenig vertrauenswürdiger Quellen, die zumindest durch Beiträge der Stiftung Warentest, Öko-Test und der Verbraucherzentrale ergänzt werden. Positiv ist, dass diese Quellen am Ende des Artikels angegeben, wenn auch nicht verlinkt werden. Der Text ist weitgehend verständlich, für Leserinnen und Leser indes wenig hilfreich, weil er zu oft zwischen „funktioniert“ und „funktioniert nicht“ mäandert ohne deutlich zu machen, was letztlich der Stand der Forschung ist. Eine Relevanz des Artikels können wird daher trotz seines zusammenfassenden Charakters nicht erkennen.

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Die Kriterien

1. Die positiven Effekte sind ausreichend und verständlich dargestellt.

Der Beitrag erläutert zwar, welche vielfältigen positiven Effekte Fatburnern zugeschrieben werden (Gewichtsverlust durch Ankurbeln des Stoffwechsels und der Fettverbrennung, Thermogenese, Sättigungsgefühl bei geringer Kalorienzufuhr, Förderung des Muskelaufbaus). Lediglich an einer Stelle werden die Effekte quantifiziert, wenn es sehr allgemein zu einem Testergebnis bei der Stiftung Warentest heißt: „Keines der getesteten 20 Präparate erfüllte belegbar den Anspruch der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, ‚dass Übergewichtige und Fettleibige mit ihrer Hilfe in sechs Monaten mindestens fünf Prozent an Gewicht verlieren und es auch mindestens sechs weitere Monate halten‘.“ Insgesamt seien die Ergebnisse zum Gewichtsverlust indes „kontrovers“, heißt es im Artikel. Dann wird wiederum ein Öko-Test-Urteil zitiert: „Dass der ersehnte Gewichtsverlust aber auch langfristig funktioniert, ist nicht belegt.“ Zum Muskelaufbau gibt es überhaupt keine Zahlenangaben. Es bleibt insgesamt unklar, ob es positive Effekte der angeblichen Fatburner wirklich gibt (mit Quellen belegt), wenn ja, welche, oder ob die Substanzen gar nichts nützen. Damit werten wir alles in allem, wenn auch knapp, „nicht erfüllt“.

2. Die negativen Effekte werden angemessen berücksichtigt.

Der Beitrag nennt als mögliche Nebenwirkungen Bauchschmerzen, Krämpfe und Durchfall, mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten. Er warnt vor Ephedrin, Koffein, Aspartam und vor Fatburnern, die Schilddrüsenhormone enthalten, „da sie die Gefahr einer Schilddrüsenüberfunktion bergen“. Wie häufig solche negativen Effekte auftreten, bzw., ob dieses überhaupt systematisch untersucht wurden, erfahren Leserinnen und Leser indes nicht. Es gibt zwar allgemeine Verweise auf die Verbraucherzentrale oder Stiftung Warentest. Beim Vergleich mit den Originalartikeln dieser Quellen zeigt sich indes, dass die Warnungen dort wesentlich dringlicher sind, teils mit Extra-Kasten, auch Todesfälle werden hier erwähnt, etwa bei der Verbraucherzentrale. Die Haltung der Verbraucherzentrale schwächt der Beitrag ab: „Die Verbraucherzentrale sieht Fatburner skeptisch“ heißt es im Artikel, tatsächlich schreibt die Verbraucherzentrale klar: „Verzichten Sie auf Fatburner“. (siehe dazu auch Kriterium Fakten). Da es sich um meist frei verfügbare Mittel handelt, deren Nutzen in den allermeisten Fällen mehr als zweifelhaft ist, hätten die Informationen zu den Risiken noch deutlicher sein müssen. Daher werten wir, wenn auch knapp „nicht erfüllt“.

3. Es werden alternative Lebensmittel/Ernährungsformen/Diäten vorgestellt/verglichen.

Es werden eine Vielzahl möglicher Substanzen vorgestellt. Darüber hinaus heißt es im Beitrag: „Fatburner ersetzen keinen gesunden Lebensstil. Der wahre Fatburner bleibt also weiterhin regelmäßige sportliche Bewegung in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung.“ Damit sind Alternativen für einen solchen Text ausreichend thematisiert.

4. Die Belege/Studien werden ausreichend eingeordnet.

Der Beitrag nennt zwar unter dem Text aufgelistet eine Reihe von Quellen, doch sind darunter keine wissenschaftlichen Studien zum Thema, die die Aussagen des Textes belegen. Es wird zwar durchaus kritisch über die angebliche Wirkung der Fatburner berichtet („nicht wissenschaftlich erwiesen“), doch der Forschungsstand zum Thema wird nicht deutlich. Dabei gäbe es wichtige Fragen zu erläutern angesichts der beschriebenen Kontroverse: Gibt es dazu keine Studien? Gibt es Studien, die aber keine Effekte fanden? Oder ist die Qualität der Studien zu schlecht, um Aussagen zur Wirksamkeit zu treffen? Der Beitrag leistet dazu keinerlei Recherche, sondern zieht sich mit einem vagen: „Wie immer im Leben gilt also: Wunder sollte man keine erwarten. Ob eine Einnahme sinnvoll ist, bleibt also eine Glaubensfrage. Und der versetzt bekanntlich manchmal nicht nur Berge, sondern sogar Kalorien.“ aus der Affäre. Für Leserinnen und Leser ist dies nicht hilfreich.

5. Es gibt weitere, unabhängige Experten und die Quellen sind transparent.

Experten zum Thema werden überhaupt keine zitiert.

Es handelt sich bei den unter dem Text gelisteten Quellen ausschließlich um – teils fragwürdige – Sekundärquellen, darunter Medien wie die „Bild“ und „Für Sie“. Mit wenigen Ausnahmen (Ökotest, Wikipedia, Kurkuma-Wirkung.de) enthalten diese Quellen auch ihrerseits keine Verweise auf wissenschaftliche Quellen. Welche Aussagen im Beitrag auf welchen Quellen fußen, wird kaum deutlich. Positiv ist zwar, dass am Ende des Textes alle Quellen in einer Liste aufgezählt werden, keine einzige indes verlinkt ist, was ein wenig anachronistisch anmutet, aber wahrscheinlich als eine Folge von SEO-Maßnahmen zu verstehen ist (SEO=Search Engine Optimization = Suchmaschinenoptimierung).

6. Es wird auf mögliche Interessenkonflikte eingegangen.

Interessenkonflikte zitierter Experten spielen in diesem Artikel keine Rolle, da keine Experten im Artikel vorkommen, daher wenden wir das Kriterium nicht an.

7. Es gibt eine Einordnung in den Kontext (Neuheit/Verfügbarkeit/Kosten/Herkunft o.a.)

Verfügbarkeit oder die Herkunft von Präparaten werden nicht erklärt oder besprochen. Da es sich bei einigen um gängige Lebensmittel oder Gewürze wie Chili, Tee, Kaffee oder Kurkuma handelt, ist das in diesem Fall auch nicht nötig. Anders sieht es bei Enzymen, Hormonen oder Neurotransmittern aus. Hier hätte es Informationen gebraucht, damit sich Leserinnen und Leser eine Bild machen können, ob und wo diese Substanzen gegebenenfalls verfügbar sind.

Positiv ist der Hinweis zum Appetitzügler Ephedrin: „Deshalb sind Mittel mit Ephedrin in Deutschland nicht mehr frei zu erwerben.“ Was genau „nicht mehr frei zu erwerben“ bedeutet, hätte man besser erklären müssen.

Kosten werden an einer einzigen Stelle kurz angesprochen: „Wer regelmäßig industrielle Fatburner konsumieren will, muss bereit sein, dafür mehr Geld auszugeben.“ Doch es fehlt jede konkrete Angabe zu den Preisen, die für die verschiedenen angesprochenen Substanzen zu zahlen sind. Das es sich um Substanzen handelt, bei denen die Wirkung fragwürdig ist, zugleich aber vor Risiken und Nebenwirkungen gewarnt wird, erscheint ein Aspekt wie Kosten um so bedeutender. Daher werten wir alles in allem „nicht erfüllt“.

8. Die Fakten stimmen.

Im Artikel heißt es: „Für Heißhungerattacken ist die Achterbahnfahrt des Insulinspiegels verantwortlich.“ – das Hormon Insulin kommt immer in Schüben ins Blut, eine angebliche Achterbahnfahrt also das Auf und Ab mit vereinzelten Spitzenwerten ist daher völlig normal, zumal auch nicht das Insulin als Faktor für Hunger verantwortlich ist, sondern das Absinken des Blutzuckers.

Die Formulierung „Proteine mit einem hohen Anteil von L-Carnitin“ ist unsinnig. Carnitin ist selbst ein kleines Molekül, das aus zwei Aminosäuren gebildet wird, Proteine sind lange Ketten aus Aminosäuren. Carnitin ist aber kein Bestandteil von Proteinen.

„Die Verbraucherzentrale sieht Fatburner skeptisch“ heißt es im Artikel, tatsächlich schreibt die Verbraucherzentrale klar: „Verzichten Sie auf Fatburner“.

9. Der Beitrag ist überwiegend eine journalistische Eigenleistung.

Pressematerial (wie Pressemitteilungen) o.ä. scheint nicht als Hauptquelle des Beitrags fungiert zu haben. Stattdessen stützt sich der Beitrag auf eine Vielzahl verschiedener anderer journalistischer Artikel. Damit beschränkt sich die journalistische Eigenleistung auf das Zusammenfassen verschiedener anderer journalistischer Quellen. Eine tiefergehende Recherche in wissenschaftlichen Primärquellen oder Nachfragen bei Ernährungsexperten hat es offensichtlich nicht gegeben.

Es werden indes auch Testberichte von Stiftung Warentest und Öko-Test miteinbezogen (und ein Artikel der Verbraucherzentrale), daher werten wir – wenn auch knapp – „erfüllt“.

10. Der Beitrag vermittelt das Thema attraktiv.

Der Text ist durch Fragen gegliedert, indes werden diese nicht immer durch den darauffolgenden Text beantwortet. So insbesondere bei der Frage, „Und was ist mit Heißhungerattacken?“ Nach lediglich allgemeinen Ausführungen zu solchen Attacken folgen Hinweise auf Zimt und Jod als „fleißige Helferlein“. Ob diese Substanzen auch als Fatburner gelten, bleibt indes unklar. Gehäuft (16-mal) finden sich im Text Formulierungen wie „soll/sollen … helfen, anregen, verstärken etc.“. Das deutet zwar einerseits korrekt auf die Unsicherheit der Aussagen zu positiven Effekten hin, stört aber durch die häufige Wiederholung beim Lesen, zumal der Text diesen Unsicherheiten an keiner Stelle weiter nachgeht. Sprachliche Schnitzer wie „qualitative Fatburner“ oder „Supplemente“ für Fatburner, obwohl sie dies nicht sind (da sie menschliche Ernährung nicht ersetzen oder ergänzen wie Nahrungsergänzungsmittel), tragen dazu bei, dass Leserinnen und Leser mit mehr Fragen als Antworten zurückbleiben. Vor allem, weil es nicht gelingt wiederholt auftretende Widersprüche aufzulösen, was am Ende nur zu einer nichtssagenden floskelhaften Empfehlung führt: „Wie immer im Leben gilt also: Wunder sollte man keine erwarten. Ob eine Einnahme sinnvoll ist, bleibt also eine Glaubensfrage. Und der versetzt bekanntlich manchmal nicht nur Berge, sondern sogar Kalorien.“ Zwar gibt es eine lange Quellenliste, jedoch keinen einzigen Link zu den Artikeln. Der einzige Link findet sich hinter „Stiftung Warentest“, der dann jedoch nur ins eigene Medium führt zu Artikeln mit dem Keyword „Stiftung Warentest“.

11. Das Thema ist verständlich erklärt.

Die Sprache ist verständlich, der Stil ist locker und nicht abstrakt, der Beitrag ist in einzelne Fragen, die aus Sicht der Nutzer gestellt sind, strukturiert. Einige Fachbegriffe – Alkaloid, Catechine – werden nicht oder nicht ausreichend erklärt. Für Leserinnen und Leser schwierig nachvollziehbar dürfte sein, dass manche Widersprüche nicht aufgelöst werden, so etwa die Aussage, dass positive Effekte wissenschaftlich nicht erwiesen seien, andererseits dann doch Ratschläge zu deren Anwendung folgen („Die Wirkung eines Fatburners ist maßgeblich vom Einhalten der korrekten Dosis abhängig.“). Wir werten nur knapp „erfüllt“.

12. Das Thema ist aktuell, relevant oder originell.

Ein aktueller Anlass ist nicht erkennbar, auch ist das Thema nicht sonderlich originell. Zwar könnte der Text durch seine zusammenfassende Art relevant sein für Menschen, die sich für das Thema „Abnehmen“ interessieren, da „Fatburner“ häufig als Synonym für einfaches und schnelles Abnehmen angepriesen werden. Doch liefert der Artikel kein fundiertes Urteil zum Thema, das sich auf Experten oder Primärquellen stützen könnte, und verliert sich in nichtssagenden Allgemeinplätzen (siehe Kriterium Vermittlung), die niemandem weiterhelfen, sodass wir alles in allem „nicht erfüllt“ werten.

Journalistische Kriterien: 3 von 11 erfüllt

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar