Bewertet am 4. Juli 2019
Veröffentlicht von: TU Berlin

Die Herstellung von Kunststoffen könnte klimafreundlicher werden, wenn künftig das Treibhausgas CO2 als Rohstoff eingesetzt würde. Die TU Berlin beschreibt in einer informativen Pressemitteilung neue Katalysatoren, die das erleichtern sollen. Wie groß der Beitrag des bislang im Labor erprobten Verfahrens zum Klimaschutz sein könnte, bleibt dabei offen.

Zusammenfassung

Die TU Berlin beschreibt in einer Pressemitteilung Forschungsergebnisse zu einem neuen Verfahren, mit dem sich das Treibhausgas Kohlendioxid für die Produktion von Kunststoffen nutzen lässt. Der Text bezieht sich auf eine Publikation in der Fachzeitschrift „Nature Communications“, weitere Quellen, etwa zur Einschätzung der Praxisreife, sind nicht genannt. Es wird ein Katalysator vorgestellt, der es ermöglichen soll, CO2 als Rohstoff zu nutzen, statt wie bislang den fossilen Brennstoff Methan. Damit wird ein Lösungsansatz beschrieben, der die Kunststoffproduktion künftig klimafreundlicher machen soll. Es bleibt jedoch unklar, wie groß der Beitrag ist, den das neuen Verfahren zum Klimaschutz leisten könnte, wenn es breit zum Einsatz kommen sollte. Der Beitrag macht deutlich, dass es bislang noch Versuche im Labormaßstab sind, das Verfahren aber nun in einer Versuchsanlage eines Industriepartners getestet wird. Das Potenzial dieses Ansatzes, und der Zeitrahmen, in dem er zum Tragen kommen könnte, werde nicht näher beschrieben.

Das Thema ist interessant und angesichts der Klimaproblematik dauerhaft relevant. Die Darstellung ist vor allem anfangs gut verständlich, wird dann allerdings sehr fachlich. Interessante Elemente, wie etwa eine Grafik, die das Verfahren anschaulich machen könnte, enthält die Pressemitteilung nicht; insgesamt ist sie daher für Laien wenig attraktiv. Zur Finanzierung gibt es die Information, dass das Projekt aus Horizon 2020 gefördert wurde; doch werden viele Leserinnen und Leser damit wenig anfangen können und nicht wissen, dass es sich dabei um die Forschungsförderung der EU handelt.

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Allgemeine Anforderungen

1. Im Beitrag werden Fakten korrekt beschrieben und eingeordnet.

Alle Informationen zum vorgestellten Verfahren der Nutzung von CO2 sind nachvollziehbar und geben uns beim groben Vergleich mit der wissenschaftlichen Veröffentlichung keinen Anlass, ihre Korrektheit in Frage zu stellen. Die wesentlichen Angaben sind auch für Laien ausreichend deutlich dargestellt, so etwa die Beschreibung des Problems am Ende des dritten Absatzes, wo dargelegt wird, dass die Nutzung von Kohlendioxid bislang nur mit teuren Katalysatoren möglich ist.

2. Es wird sachgerecht berichtet, ohne bestimmte Positionen unangemessen zu bevorzugen.

Diese Pressemitteilung erscheint uns angemessen sachlich und nicht zu „parteiisch“ verfasst. Es wird allerdings auf nur eine Quelle –  den in der Pressemitteilung genannten Wissenschaftler – verwiesen. Der Beitrag zieht keine zweiten Instanz hinzu, die beispielsweise die Industriereife des Verfahrens bestätigen könnte. Bei einer Pressemitteilung erwarten wir jedoch nicht zwingend, dass eine zweite Quelle einbezogen wird und werten daher noch „eher erfüllt“.  

3. Der Beitrag macht deutlich, auf welche Quellen er sich stützt und benennt gegebenenfalls Interessenkonflikte.

Alle Aussagen beziehen sich auf die eine Fachveröffentlichung, die genau angegeben wird. Ein Interessenkonflikt ist nicht dargestellt, wir haben aber auch keine Anhaltspunkte dafür gefunden. Im Text wird präzise genannt, welche Forschungseinrichtungen an dem Projekt beteiligt sind, und dass die TU Berlin, die die Pressemitteilung herausgibt, Konsortiumsführer ist. Die zitierte Person, Prof. Dr. Peter Strasser, ist am Anfang des Textes vorgestellt. Unklar bleibt jedoch, welche Geldgeber hinter Horizon2020 stehen – dass es sich um das Forschungsprogramm der EU handelt, kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Am Ende wird ein Industriepartner genannt, ohne dabei deutlich zu machen, in welchem Verhältnis dieser zu den Forschungseinrichtungen / den forschenden Personen steht. War er an der Entwicklung des Verfahrens beteiligt? Insgesamt werten wir daher nicht voll sondern „eher erfüllt“.

4. Der Beitrag enthält Informationen, die wesentlich über eine Pressemitteilung hinausgehen.

Das Kriterium ist nicht anwendbar, da es sich um eine Pressemitteilung handelt.

Spezielle Anforderungen Umweltjournalismus

5. Der Beitrag nennt Ursachen / Verursacher der dargestellten Umweltprobleme

Dass CO2 ein klimaschädliches Abgas ist, wird am Anfang als Problem benannt und kann auch als Allgemeinwissen vorausgesetzt werden. Hier die Ursachen des Klimawandels umfassend auszuführen, halten wir nicht für erforderlich. Als eine Ursache wird – wenn auch eher zwischen den Zeilen – benannt, dass der fossile Brennstoff Methan u.a. zur Herstellung von Kunststoffen genutzt wird und dabei CO2 entsteht. In welchem Ausmaß die Kunststoffproduktion zur Klimaproblematik beiträgt, erfährt man indes nicht. Insgesamt werten wir aber „eher erfüllt“.

6. Es wird deutlich gemacht, wie gesichert das dargestellte Wissen zu Umweltfragen ist.

Es wird an mehreren Stellen im Text deutlich, dass es sich um ein Forschungsprojekt handelt und alle bisherigen Ergebnisse nur vorläufige Versuchsergebnisse sind. Der vierte Absatz nimmt Bezug auf die zugrunde liegenden Theorie, wenn auch für Laien nicht ganz leicht verständlich. Mit dem letzten Satz „Wurden diese Katalysatoren bislang im Labormaßstab untersucht, werden sie nun im Grammbereich hergestellt und bei dem Industriepartner Covestro in einer Mini-Testanlage getestet“ fasst die Pressemitteilung zusammen, wo das Projekt gerade steht – am Übergang von der Wissenschaft in die Praxis.

7. Ein Beitrag bezieht nach Möglichkeit Lösungsansätze für Umweltprobleme ein.

Der Anlass des Textes ist ein wissenschaftliche Lösungsansatz zur Nutzung von Kohlendioxid. Der ganze Text erklärt den Weg und die Umsetzung dieses Lösungsansatzes. Dabei wird die technische Neuerung gut beschrieben. Wenn diese jedoch eine wirksame Lösung für ein Umweltproblem sein soll, dann fehlt uns doch eine Angabe, in welchem Verhältnis der beschriebene Ansatz zum eigentlichen Umweltproblem steht. Ist das jetzt ein Tropfen auf dem heißen Stein, oder eine bahnbrechende Revolution? Daher werten wir nicht voll, sondern „eher erfüllt“.

8. Ein Beitrag soll gegebenenfalls Bezüge der dargestellten Umweltproblematik zum Publikum und dessen Lebensumfeld aufzeigen.

Ein Alltagsbezug wird nur indirekt hergestellt, wenn es heißt, dass aus Methan hergestelltes Kohlenmonoxid für die Produktion von Gütern wie CDs, Brillen, Armaturenbrettern oder Schaumstoffen gebraucht wird. Dies sind Güter, die von den Leserinnen und Lesern gekauft und genutzt werden. Es fehlen jedoch Angaben, welchen Auswirkungen das beschriebene Verfahren auf den Alltag haben könnte – ist z.B. zu erwarten, dass die genannten Produkte dadurch teurer werden? Wir werten daher „eher nicht erfüllt“.

9. Es wird deutlich, wie lokale und globale Umweltentwicklungen/ - ereignisse zusammenhängen.

Zu diesem Punkt fehlen jegliche Aussagen.

10. Ein Beitrag greift aktuelle Umweltthemen auf, oder aber solche, die über lange Zeiträume bedeutsam („latent aktuell“) sind.

Kohlendioxid als Klimagas ist ein dauerhaft relevantes Thema. Mit diesem Text wird die immer wiederkehrenden Frage aufgegriffen, ob und wie man CO2 als Rohstoff nutzen könnte. Ein aktueller Anlass für die Berichterstattung ist eine kurz vor publizierte Fachpublikation zu Fortschritten im Zusammenhang mit diesem Umweltproblem.

11. Auswirkungen eines Umweltereignisses /-problems auf die zukünftige Entwicklung werden angesprochen.

Dadurch, dass von klimaschädlichen Gasen und fossilen Rohstoffen die Rede ist, werden meisten Leserinnen und Leser wohl darauf schließen, dass es sich um ein langanhaltendes Umweltproblem handelt. Im Text wird dies allerdings nicht direkt angesprochen, sondern ist nur aus dem Kontext zu erahnen. Vor allem aber fehlen nähere Aussagen dazu, wie sich der vorgestellte Lösungsansatz künftig auswirken könnte und welches Potenzial er hat, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Darstellung

12. Ein Beitrag muss für die Zielgruppe verständlich sein.

Die wissenschaftlichen Zusammenhänge sind überwiegend verständlich erklärt. Der Text ist sinnvoll aufgebaut und sprachlich gelungen, wenn auch in einigen Punkten etwas fachsprachlich (z.B. „aktives Zentrum“, Horizon2020) . Die Beschreibung ist sehr detailliert und fachlich präzise. Vollkommen verstehen kann man den Text unseres Erachtens allerdings nur mit chemischen Vorkenntnissen. Für das Verständnis einiger Punkte war eine Wikipedia-Recherche hilfreich. Wir werten insgesamt noch „eher erfüllt“.

13. Ein Beitrag soll Umweltthemen interessant und attraktiv aufbereiten.

Der Text ist sehr informativ, aber das Thema wird wenig interessant dargestellt. Die Überschrift ist zwar zunächst ansprechend, der Text erklärt aber vor allem in der zweiten Hälfte ausschließlich wissenschaftliche Zusammenhänge und wird so für nicht speziell interessierte Leserinnen und Leser bald langweilig. Elemente, die das fachlich nicht einfache Thema anschaulich machen könnten, wie etwa eine Infografik, fehlen.

8 von 12 anwendbaren Kriterien sind „erfüllt“ oder „eher erfüllt“

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Kriterium erfüllt

Kriterium nicht erfüllt

Kriterium nicht anwendbar